LVHK Salzburg 
Landesverein für Höhlenkunde in Salzburg

Faszination der Höhlenforschung und die Rettung aus der Tiefe

Mag. Wolfgang Gadermayr

Der Unfall des deutschen Höhlenforschers Johann Westhauser im Juni 2014 erregte große mediale Aufmerksamkeit  und löste einen der vermutlich schwierigsten Rettungseinsätze der alpinen Geschichte aus. Erst zwölf Tage nach seinem schweren Unfall durch Steinschlag, konnte der verletzte Höhlenforscher nach einem Großeinsatz der beteiligten Rettungskräfte aus fünf Nationen, an die Oberfläche gebracht werden.

Der Einsatz erforderte von den Rettungsteams einen sehr hohen physischen und psychischen Einsatz zeigte jedoch, dass die kleine Gruppe von Höhlenforschern national und international in schwierigen Zeiten zusammenhalten und unter dem Motto „Alle für Einen…“ auch scheinbar unlösbare Probleme gemeinsam lösen können.

Was bewegt jedoch Männer und Frauen dazu, tagelang in den abgeschiedenen Tiefen der Kalkberge unter hohen physischen und psychischen Bedingungen bei Kälte und Nässe unbekannte Höhlenteile zu erforschen?

Höhlen sind die letzten Bereiche auf unserem Planeten, welche sich nicht mit Satellitenbilder oder technischen Hilfsmittel erkunden lassen und erfordern den körperlichen Einsatz des Forschenden. Die Erkundung der letzten weißen Flecken in unserem Land weckt das Interesse und die Neugier nach Neuem und führt zu einer Kameradschaft, wie sich das durch Höhlenforscher und -retter zeigt, als Vorbild für unsere Gesellschaft zu sehen ist.  

Höhlenforscher sind keine Abenteurer, welche sich bewusst oder unbewusst einer Gefahr aussetzen, sondern naturinteressierte Personen, welche versuchen die Tiefen unserer Kalkgebirge mit großem Engagement und Interesse zu erforschen und dem auch anderen Forschern, zukommen zu lassen. Die Höhlenforschung (im Fachbegriff als Speleologie) behandelt zahlreiche Fachbereiche von der Geologie bis zur Klimageschichte.

C:\Users\gadermayr\AppData\Local\Microsoft\Windows\Temporary Internet Files\Content.Outlook\3R9YRLUI\DSC_0753 (2).jpg

Foto: Lehmablagerungen in der Kolowrathöhlen (Untersberg),
Foto: Dirk Peinelt, LVfHK, Salzburg.

 

Höhlenforscher sind ehrenamtliche Alpinisten, welche das gemeinsame Ziel der Erforschung und Dokumentation der Karsthöhlen haben. Die eigene Sicherheit erfordert planmäßige Expeditionen und ein hohes Maß an Sicherheit. Unfälle in tiefen und schwierigen Höhlensystemen sind sehr selten und die Rettung nach Unfällen zeigen, dass die internationale „Familie“ der Höhlenforscher auch im Notfall freiwillig und mit hohem physischem und psychischem Einsatz zur gegenseitigen Hilfe bereit ist.

Das Bundesland Salzburg ist dank seiner jahrzehntelangen Explorationstätigkeit eines der am besten untersuchten Höhlengebiete der Welt, dabei ist hier, wie beispielsweise im Tennengebirge, die Dichte an Karsthöhlen so hoch wie nirgends anders in Österreich. Klingende Namen wie Eisriesenwelt, oder der Lamprechtsofen und als die tiefste Durchgangshöhle der Welt lassen die Karstforschung in Salzburg weit über die Grenzen des Landes bekannt werden.  

Insbesondere die langjährige, internationale Zusammenarbeit der höhlenforschenden Vereine (einige Höhlenforschergruppen sind schon über 40 Jahre mit jährlichen, mehrwöchigen Forschungsexpeditionen in Salzburg)  unter der Koordinierung des Landesvereins für Höhlenkunde in Salzburg ermöglichte die Erforschung zahlreicher schwieriger Karsthöhlensysteme, welche teilweise Tiefen über tausend Meter und über 50 km Gesamtlänge betragen, sodass Salzburg einen hohen Erforschungsgrad der unterirdischen Naturschätze aufweist.

C:\Users\gadermayr\AppData\Local\Microsoft\Windows\Temporary Internet Files\Content.Outlook\3R9YRLUI\DSCN3736bearb (3).JPG

Foto: Tropfsteingebilde in Salzburgs Höhlen, Foto: Dirk Peinelt.

 

Erfolgreiche Höhlenforschung erfordert aber auch eine hohe physische und psychische Belastbarkeit der Höhlenforscher. Um unbekannte Höhlenteile (Neuland) zu erforschen, sind meist technische schwierige Passagen wie Eng-, Kletterstellen oder tiefe Schächte, zu überwinden. Auch gilt es hydrometeorologische Bedingungen zu beachten, um eine Gefährdung durch Wassereinbrüche zu minimieren. Große Höhlensysteme, wie die zahlreichen Tiefensysteme im Tennengebirge werden seit mehreren Jahrzehnten von den in- und ausländischen Gruppen erforscht und dokumentiert, wobei einzelne Höhlenfahrten einen Aufenthalt bis zu zehn Tagen in den Tiefen des Berges erfordern.

Auch liefern die Daten der Wassermessungen in einigen Höhlen eine wichtige Grundlage als Klimazeugen und die Berechnungen von Hochwasserabflüssen und des Retentionsvermögens von Karstgebieten. Messungen Höhlen werden gemeinsam mit dem Hydrographischen Dienst durchgeführt, wobei im Lamprechtsofen eine der unzugänglichsten Quellmessstationen in Österreich installiert wurde.

So sind beispielsweise die Erkenntnisse der Karsthöhlen im östlichen Tennengebirge auch Grundlage für die Realisierbarkeit und geologische- hydrogeologische Beurteilung von Tunnel- und Tiefbauprojekten. Diese Daten bilden die Grundlage um wirtschaftliche und ökologische Schäden bereits im Vorfeld zu vermeiden.

Der Lohn für die körperlichen und psychischen Anstrengungen jedes Forschers ist natürlich die Erstentdeckung neuer, bislang unbekannter Höhlen und Höhlenteile. Natürlich ist die Neugier auf die Terra Incognita der Motor für die Forscher und viele sind der Faszination der bizarren und fragilen Welt der Tropfsteine, Lehmablagerungen und der dunklen Schächte seit vielen Jahren verfallen. Der Lohn für die Anstrengungen sind auch die zauberhaften unterirdischen Formen von Sinterbildungen, Flussläufen und Seen, welche nur für kurze Zeit durch das Licht der Forscher erhellt werden, ehe sie wieder von der ewigen Dunkelheit der Tiefe verdeckt werden.

Z:\Daten Gadermayr\666 Lampo\DSCN0033.JPG

Fasziniert blickt der Forscher in den Höhlensee aus welchem das Wasser den unterirdischen Bach speist….
Foto: Dirk Peinelt.

 

Höhlenforschung lässt sich durch technische Hilfsmittel nicht ersetzen und erfordert daher hohen körperlichen Einsatz. Dieser Einsatz ermöglicht aber auch einen engen Kontakt des Forschers zum Berg und als „menschliches Endoskop“ kann der Untergrund „hautnah erlebt“ werden. Die daraus gewonnenen Gefühle und Erfahrungen stellen eine wichtige Grundlage für Geologen dar und lassen sich durch Bohrkerne oder Geophysik nicht ersetzen. Auch diese Erfahrungen sind der Motor für die Entwicklung neuer Ideen und Thesen für geologische Prozesse, die Abflussdynamik, sowie von erforderlichen technischen Hilfsmitteln, welche für den sicheren Ablauf von Forschungen notwendig sind.

Durch die internationale Kameradschaft und die Vernetzung der Höhlenforscher können wir auch künftig viele hundert Meter unter der Erde in Tiefen vordringen, „die nie ein Mensch zuvor gesehen hat….“

Mag. Wolfgang Gadermayr

 

C:\Users\gadermayr\AppData\Local\Microsoft\Windows\Temporary Internet Files\Content.Outlook\3R9YRLUI\CIMG5662 (2).JPG

Foto: Internationales Rettungsteam im Einsatz bei der Bergung in der „Jack Daniels cave“,
Foto: Wolfgang Gadermayr