Vereinsübergreifende VÖH-Expedition „Forschertage Kalkspitzen“
Wetti Wielander
Vom 2.-6.8.2019 fand heuer zum vierten Mal die vom VÖH vereinsübergreifend organisierte
Forschungswoche in den Schladminger Tauern statt. Wie auch in den letzten Jahren war unser
Stützpunkt die kleine, heimelige Giglachseehütte, nicht weit von der Lungauer und der Steirischen
Kalkspitze entfernt und an einem malerischen, kalten Bergsee gelegen.
Heuer hatten wir 13 Höhlenforscher und -forscherinnen aus verschiedenen Vereinen mit dabei,
darunter einerseits eine noch gänzlich höhlenunerfahrene Teilnehmerin, welche einmal in die
Materie hinein schnuppern wollte (und die bisweilen ein bisschen verwundert darüber war, dass
„echte“ Höhlen doch ein bisschen anders aussehen als die ihr bekannten Schauhöhlen) und
andererseits auch höhlenbefahrungstechnisches „Urgestein“.
Das Wetter war eher durchwachsen und alpin-wechselhaft. Während wir z.B. am Freitag, unserem
Anreisetag, noch bei strahlendem Sonnenstein zur Geländebegehung auf die Lungauer Kalkspitze
aufbrachen, wurden wir noch auf dem Gipfel innerhalb kürzester Zeit von schwarzen Wolken
eingekreist und waren bereits nass bis auf die Knochen, als die Hütte noch nicht einmal ansatzweise
in Sichtweite war. So manche durchweichten Bergschuhe sind bis ans Ende der Expeditionstage nicht
getrocknet und auch mancher Expeditionsteilnehmer war am nächsten Tag noch dermaßen
angewidert vom feuchten Wetter, dass er den Tag lieber mit theoretischer Karstkunde bzw. im Bett
verbringen wollte.
Trotz eher unwirtlichen Wetterbedingungen war es jedoch meist möglich, ein Regenfenster zu
finden, welches lang genug währte, um sich in eine Höhle zu flüchten, und so kann sich unsere
Vermessungsausbeute auch heuer wieder sehen lassen:
Es konnten mehr als 500 m in 21 Höhlen vermessen werden.
In der Durchgangshöhle (2622/2) konzentrierte sich die Forschungstätigkeit auf die Bearbeitung noch
offener Restrecken. Die Durchgangshöhle ist nun 1036 m lang und nach derzeitigem Wissensstand
zur Gänze erforscht und hat somit das Rennen um die längste Höhle in den Kalkspitzen knapp nicht
gewonnen.
In der Vierten Etage (2622/5) wurden offene Fortsetzungen in den tagfernsten Höhlenteilen
abgearbeitet. Die Vermessung aller noch offenen Schlufstrecken ergab einen Ganglängenzuwachs
von 144 m, womit die Vierte Etage auf stolze 1158 m anwächst und nach wie vor die längste Höhle in
der Katastergruppe 2622 bleibt.
Die Glückshöhle im so vielversprechend klingenden Gebiet „im Kalk“ konnte zwar ebenso einen
Ganglängenzuwachs verbuchen, leider ist die (bewetterte) Canyonortsetzung dort allerdings so eng,
dass ein Weiterkommen nicht einmal ansatzweise möglich ist (GL 53 m). Ein Besuch der laut
Berichten von Lungauer Höhlenforschern potentialträchtigen Ahkarhöhle (2622/6) hielt leider auch
nicht ganz das, was er versprach – die in die Tiefe führenden Seile sind nach wie vor unter einer
meterdicken Schuttschicht begraben und obgleich zwar versucht wurde, den Schutt mit bloßen
Händen und schwächlichem Werkzeug beiseite zu räumen musste dieses mühselige Unterfangen
nach einiger Zeit mehr oder weniger erfolglos abgebrochen werden. Eine schöne Neuentdeckung
war dann aber der Drei-Stufen-Schacht in der Westflanke der Steirischen Kalkspitze mit 82 m Länge
und etwas über 40 m Tiefe.
In den Regenpausen durchgeführte Oberflächenbegehungen zeigten, dass das Gebiet rund um die
beiden Kalkspitzen nach wie vor großes höhlenforscherisches Potential birgt, sodass einer weiteren
Expedition im kommenden Jahr nichts im Wege steht – außer die (privaten) Betreiber der
Mautstraße auf die Ursprungsalm, welche von Jahr zu Jahr stärkere straßenräuberische Tendenzen
entwickeln, aber das ist eine andere Geschichte…
Mit dabei: Laura Chaumont, Barbara Funk, Eckart Herrman, Walter Klappacher, Bernhard Lentner,
Brigitte Macaria, Bernd Schaller, Ulrich Schubert, Johannes Wallner, Alex Wendel, Anita Wendel,
Manfred Wendel, Wetti Wielander.
Kleine Anmerkungen zur Karsthydrologie
Walter Klappacher
Als „Urgestein“ der Kalkspitzentour 2019 entschloss ich mich (leichten Herzens) auf mühsame
Höhlenkrabbelei zu verzichten und mein Augenmerk auf die bisher vernachässigte Karsthydrologie zu
richten. In einer elendslangen Kalkspitzenumrundung konnte ich mehrere bisher undokumentierte
Karstquellen besuchen, von denen die nördlich der Steirischen Kalkspitz im Almkessel der
Ursprungsalm entspringende Quelle des Preuneggbachs (ca. 300 – 500l/sec.) und eine im
Weißpriachtal südlich der Lungauer Kalkspitze gelegene offenbar kaum beachtete Quelle von etwa
300l/sec. Schüttung die bedeutendsten sind. Von Interesse sind auch einige markante
Wasserschlinger im oberen Znachtal und die Schwinde am Oberhüttensee. Genügend lohnende Ziele
für eine kleine Forschungexpedition im kommenden Jahr.
Höhlensuche im Kalkspitz 2019 - Klappacher
Kalkspitz 2019 - Klappacher
Schwinde am Oberhüttensee - Kalkspitz_2019 - Klappacher
Ahkarhöhle. Wo hier B. Lentner im Schutt kniet sollte eigentlich ein Schacht sein. Foto E. Herrmann
B. Lentner am Einstieg zum Drei Stufen Schacht. Foto E. Herrmann
Gamsofen. Foto E. Herrmann
Nach erfolgreicher Befahrung der 4. Etage. Foto E. Herrmann